Der Satan vom Nettelbeckplatz
Ich hatte den Brunnen am Nettelbeckplatz, der ursprünglich den viel schöneren Namen „Platz M“ trug, für blöd gehalten. Als wenn man die armen und dummen Leute im Wedding nicht auch noch mit einem anspruchsvollen Brunnen überfordern und verstören dürfe, sondern man ihnen etwas möglichst Harmloses und Fröhliches servieren wolle, etwas aus ihrer Welt, was sie sofort verstehen, eine Art frühes Abbild der lustigen Casting-Shows, die sie so gerne sehen, damit ihnen keine noch düstereren Gedanken kommen in ihrem Alkoholismus, ihrer Aussichtslosigkeit und körperlichen Versehrtheit. Pervers.
Die Dichterin Lichtenstein wurde von einem christlichen Werber angesprochen und gebeten, sich den Brunnen doch einmal genauer anzusehen. Ob wir denn auf des Klavierspielers linken Fuß geachtet hätten? – Nein. – Dann sollten wir doch mal mitkommen. Wir gingen die 20 Meter und blickten auf den im Wasser befindlichen Fuß.
Es war der Pferdefuß des Satan.
Der Mann weidete sich an der Verblüffung und sagte nach einer kleinen Pause: Der läßt die Puppen tanzen, nicht wahr? Der läßt sie tanzen.
Wir blieben stumm und ich nickte dann. Das war nicht ganz schlecht.
Der Christ freute sich, daß er Eindruck gemacht hatte, entließ uns und wünschte Gottes Segen.
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eine lustige Geschichte, vielleicht, noch: heute rief mich eine sehr nette Schwedin von dem non-Profit-Magazin Knack an und wollte mich interviewen, d.h. gestern rief sie an und wir verabredeten das Gespräch für heute. Ihr gefiele die Uhutrust-Seite so gut und sie möchte gerne einige Texte daraus ins Schwedische übertragen. – Oh!
Besonders gefiele ihr das Jagdbombergeschwader und hier der Satz, sie las ihn vor im süßen Deutsch der Schwedinnen: „Die Leute stiegen aus ihren Fahrzeugen aus und pißten sich gegenseitig in den Mund.“ Das habe ihr so gut gefallen!
– Ja, ne? ist ganz gut.
– Ja, wortwörtlich, hätten sie es wortwörtlich getan?
– Wortwörtlich?
– Sich in den Mund gepißt?
– Oh, oh, nein. Oh nein.
Aber sie habe es schon übersetzt, wortwörtlich, sie habe so lange gelacht.
Am 11. Juni 2009 um 18:48 Uhr
wäre das eineindeutige nicht in der welt, könnte das eigentliche nicht zur geltung gelangen.
deine rausgeschrubbte jovialität, die ganz für sich stehen kann, das könnte man direkt in bronze gießen und aufstellen. das muss ich mir jetzt gerade vorstellen: jagdbomberflieger pisst freundin von freundin an der leitplanke beim stau auf der a1 in den mund, bronzeguss, eichwald, 2012, stiftung der künstlerin zur einweihung des weddinger kulturzentrums lange panke e. v.
hat sie es tatsächlich für möglich gehalten? muss man das alles annehmen? wo doch auch frau diekmann mehr sex mit pferden fordert in der literatur.
werde ich erst dann befreit sein? kann ich mich noch zum bund melden?
ein bisschen wie im zirkus, man wartet darauf, dass irgendwer wirklich weegees rocketman macht, um ihn dann zu fragen, hey, das geht? das kann man machen? ist das gut? meinst du, ich sollte auch mal?
Am 11. Juni 2009 um 20:09 Uhr
wie äh wie was dorothea diekmann bricht die lanze für sex mit p.ferden? bitte werden Sie ausführlicher.
Am 11. Juni 2009 um 20:32 Uhr
nzz vom 9.6.09, Leere Geständnisse. na ja, ganz so hat so steht es nicht da, aber so ähnlich.
Am 11. Juni 2009 um 20:38 Uhr
Ein schöner Sturm. Es klingt, als flöge gleich das Dach weg. Land unter. Was meldet Moabit? Wir machen eine UM-SCHALT-UNG. (danke DDU)
Am 11. Juni 2009 um 20:49 Uhr
es scheppert mir die birnen vom deckel, überall abgrissnes geäst. es ächzen die balken, das laub ist sehr laut. dazwischen trillert ein dickicht, vielleicht auch ein zeisicht und es hustet ein mann: parkplatz! parkplatz! parkplatz! die vögel kommen nicht von der stelle oder es haut sie gegen hauswand und schornstein.
Am 11. Juni 2009 um 21:19 Uhr
„(Der Herbstwind wütete, pfiff und peitschte, vom Meer rückte ein riesiger grauer Vogel heran) – der Wind wird durch eine Anfäufung von s, die in einem z gipfeln, ausgedrückt. , … tjoplyje, sljosy, tjoplaja krow … ana leshala tjopala, blashennaja, wlashnaja kak semlja…‘ – in jedem der Wörter dieses Satzes kommt ein die Feuchtigkeit betonendes L vor.“
Am 11. Juni 2009 um 21:32 Uhr
Aber vielleicht doch mal rausgehen sich irgendwo hinklatschen lassen, dachte ich. Aufschlagen, zerspritzen. Sprengen. Sich unter die Rippen fassen und den Brustkorb auseinanderreißen. Haben wir auch so einen Knorpel wie die Hähnchen, eigentlich? Wir dummen dummen Hähnchen. Ich geh ein bißchen runter.
Am 11. Juni 2009 um 22:46 Uhr
ich dachte immer, der Brunnen stelle den Tanz auf dem Vulkan dar und der Teufel spielt dazu die Melodie. Und oben auf dem Leberwurstgranit, aus dem der Vulkan besteht, ist die neue deutsche Welle, ich weiß gar nicht so recht, wieso ich das dachte, vielleicht wegen der Frisuren. Die neue deutsche Welle kommt wie ein Wasserfall aus einem riesigen völlig in sich zusammengesunkenen Penis aus Leberwurst hervorgequollen, sie versiegt niemals und macht in einem fortwährenden Strom sogar den Teufelspianisten naß. Als Materialien kamen Bronze aus der gleichnamigen Zeit und der gleiche Stein wie beim Sockel der Hamburger Galerie der Gegenwart und bei der Erdgeschossfassade der Hamburg-Mannheimer zum Einsatz.
Als sie den Pianisten mal samt Piano ausgebaut hatten, dachte ich, den hätte wer gestohlen. Vielleicht war es die Bronzegießerei, die seit Jahrzehnten auf die Zahlung der Schlußrechnung wartete. Der öffentliche Auftraggeber gilt zurecht als zwar säumiger aber langfristig dann doch zuverlässiger Schuldner. Ich habe grade nachgesehen und festgestellt, daß der Teufel wieder da ist. Eigentlich -ich wußte ja nicht, wie aktuell Ihre Fotos sind- wollte ich die Lücke fotografieren, stattdessen habe ich ein Foto vom nahegelegenen Krematorium in der Adolfstraße gemacht.
Vielleicht sind das alles nicht grade Informationen von höchstem Gewicht, aber ich möchte einmal die Gelegenheit ergreifen, so meine Wertschätzung für dieses Blog zum Ausdruck zu bringen. Ich bin aber auch nicht böse, wenn Sie diesen Kommentar löschen.
Am 11. Juni 2009 um 23:18 Uhr
draußen schön. Der ganze Tag besteht aus lauter Übersprungshandlungen und – haltungen.
Der Mund ist trocken.
Das Auge fahl.
Was wollte ich buchen, wohin nochmal?
und wann zu welchem Behufe?
Am 11. Juni 2009 um 23:19 Uhr
Zum dem Thema Sex mit Ferden gibt es bald einen Trailer.
Da haben Matumba und ich dieses gewaltige Organ eines Hengstes für Bruchteile einer Sekunde reingeschnitten bzw. zu spät abgeschnitten.
Ich denke, danach wird „alleine irren“ die Sache nicht mehr so prickelnd finden…
Am 11. Juni 2009 um 23:40 Uhr
Ach Bernd. Endlich mal eine gute Nachricht. Die Freuden des kleinen Cutters, Pimmel reingeschnitten, zu lange stehen lassen, bzw. zu spät abgeschnitten. Alleine Irren wird das sicher auch begrüßen.
Ich habe immer noch nicht das Bild vom armen Peter geöffnet.
Am 11. Juni 2009 um 23:58 Uhr
Hallo Pjaer,
danke sehr,
die Fotos sind von gestern nachmittag. Der Wikipediaeintrag zum Brunnen ist wohl nicht ganz „korrekt“, läßt den Teufel unerwähnt, spricht von 4 statt 5 Figuren oben usw., egal, aber „Tanz auf dem Vulkan“ als Titel wird wohl stimmen, 1988 vielleicht auch und der Name der Künstlerin sei Ludmilla Seefried-Matejkowa.
Vom Krematorium habe ich auch einige Fotos und man kann dort Gäste hinführen, wenn einem sonst nichts einfällt und man schämt sich nachher ein bißchen. Man führt sie in die Kolumbarien hinein, in denen ich jetzt selbst mindestens 5mal war und denkt sich: so toll ist das ja auch nicht, von der Wirkung her. Wobei das gelbe Licht durch die Transparentfolien schon schön ist, aber auch nur bei Sonne. Und letztens hatten sie, die Angehörigen wahrscheinlich, dem Toten da Bierflaschen hingestellt neben die künstlichen Blumen. Befremdlich bleibt der Staub draußen auf den Glasflächen. Und einmal war es heiß, ich war schon mit einer drin, da kamen noch zwei andere, die wollten rein, ich legte mich solange auf die Wiese draußen, etwas verdreht, und als die beiden wieder rauskamen sagte der Stefan: ah, da sind schon wieder Neue. Eine Art Leichenklappe. Die Leichen würden einfach auf der Wiese abgelegt, anderntags kämen die Bediensteten und schleppten sie fort, ihrer Bestimmung entgegen, Und so weiter.
Am 14. Juni 2009 um 13:44 Uhr
Statt auf den Berg laufe ich abend auf den Flakturm rauf und lasse die Sonne untergehen. Als ich wieder runterlief, kam mir auf dem Weg ein schmaler Fuchs entgegen, ein dünner Sommerfuchs. ich blieb stehen und der machte nur einen ganz kleinen Bogen um mich und lief den Wald ein Stück hoch. Ich schaute ihm nach, da kam ein zweiter, kleiner junger Fuchs, der war erst schön! dann blieben sie zusammen stehen im Wald, nebeneinander, der Ältere roch dem Jüngeren am Hintern, biß ihn ein bißchen ins Ohr usw. und sie sahen mich an. Vielleicht Mutter und Sohn, oder Tochter. Nach einer Weile hauten sie ab.
Nachher legte ich mich kopfunter an den Hang, da waren die Fledermäuse und Mauersegler am Himmel. Zum Glück kaum Menschen.
Zu Hause machte ich den Fehler zuviel Zeitung zu lesen, Interviews.
Gut ist aber Heiner Geißler in der FAS.
Wenn Heiner Geißler Bundespräsident wäre, wäre sicher vieles besser. Dachte ich im Ernst.
Vorgestern übten 2 Türken Vorsingen, einer war Jury oder, der andere sang laut, hell, inbrünstig, gar nicht mal falsch zu Musik die aus dem Handy schepperte, irgendein Liebeskitsch vermutlich. Ich mußte lachen, da schrie der Sänger böse WAS LACHST DU DA? – Ich drehte mich um und sagte: Isch bewundere disch doch nur! und lief weiter. Dann kam mir der andere, dickere, massivere hinterher und sagte: hey, der hat nur Spaß gemacht, war nur Spaß, okay? – Ja, sag ich, hatte ich auch so verstanden. – War gut. – Man überlegt natürlich trotzdem, ob man das schaffte so einen niederzuringen, wenn der Ernst machte, oder zu mehreren. wahrscheinlich nicht. Ich will es mir aber einbilden, sonst kann man ja gar nicht rausgehen, dahin, um die Zeit, nirgends.
Am 5. August 2009 um 11:20 Uhr
[…] Ein ganz besonderes Highlight realistischer Kunst steht auf dem Nettelbeckplatz in Berlin Wedding. Im Jahr 1988 gewann die Künstlerin Ludmila Seefried Matejkova einen offiziellen Wettbewerb und entwarf einen etwa 9 Meter breiten Brunnen mit dem Titel “Tanz auf dem Vulkan”. Und genau das ist auch dargestellt: Einige modisch gekleidete lebensgroße Bronzefiguren (Sonnenbrille, offenes Hemd) tanzen auf dem Rand eines schiefen Mini-Vulkans. Den Takt gibt ein Klavierspieler am Fuße des Berges an – und das ist niemand anderes als der Teufel persönlich. (Dank an Michaela für den Hinweis!) Statt nach dem nächsten Besuch des Wochenmarkts Nettelbeckplatz also mit den Einkäufen nach Hause zu spurten, sollte man sich den (im Sommer von Kindern belagerten) Brunnen mal etwas genauer ansehen! […]
Am 27. November 2013 um 07:29 Uhr
MEG MEG … Mysticoaks