Auto Teile Unger
Bei den Auto Teile Ungern hier in der Gegend gibt es keinen Dacia Logan MCV 626 Ölfilter, bitte einen aus Zollstock mitbringen. Plus 5 Liter 15W-40 Öl.
Wir sind noch ganz am Anfang mit dem Katalog.
Treffe nächste Woche mögliche Grafiker, haben noch keinen Verlag usw.
ich weiß, daß Du die Bildauswahl gerne früher gehabt hättest und hoffe, daß die Angewandte Dich nicht zu sehr auffrißt.
T. trifft nächste Woche den nackerten W. wegen Wohnung. Fände natürlich super, wenn wir alle zusammen in einem Haus wohnen würden in der Zukunft.
Mit eigenen Wohnungen.
Bis dahin mache ich noch was Grünschnitt in 51674. Baue daraus Schutzräume für Igel und alle anderen, die da reinkriechen wollen.
„(…) offensichtlich geht es nicht darum, mit den Alarmschildern Flashbacks bei Menschen mit PTBS zu verhindern, die aus Angst vor Menschenmengen eh kaum in öffentliche Veranstaltungen kommen. Vielmehr wird hier die Diagnose der „Traumatisierung“ weitreichend mit dem Begriff der „Kränkung“ gleichgesetzt, um Kultur zu einem Safe Space der „richtigen“ Anschauung zu machen.
Es gibt aber kein Recht auf kränkungsfreie Kunst, wie der Maler Werner Büttner mal süffisant angemerkt hat. Und auch ins Theater geht Mensch ja wohl, um sich dort unwohl zu fühlen. Wenn es auf der Bühne nicht mehr um Leid, Widerspruch, andere Meinungen und schmerzliche Konflikte geht, die gelegentlich an die unangenehmen Erfahrungen des Publikums rühren, ist die Institution besser als Chill-Space zu privatisieren. Darum braucht es vielleicht diese späte Triggerwarung: Kultur ist als Wohlfühlraum ein Missverständnis. Vielleicht sogar ein traumatisches.“ Triggerwarnungen im Theater. Till Briegleb, SZ 24.9.22
Kurt Kister zu Ernst Jüngers neu edierten Tagebüchern auch interessant.
(Danilo: „Illustriertenprosa“)
Auch schon die Treppe geputzt.
Die Ambiguitätstoleranz freut sich über neue Herausforderungen. Auf und über.
________________________
Wenn Pinkie keinen Alkohol trinkt, gibt es keinen Grund, länger aufzubleiben. Nüchtern wird der Abend lang und statt zwischen 1 und 2 einzuschlafen, schläft sie zwischen 23 und 0 Uhr ein, wacht früher auf. Um 7 so. Eigentlich gut. Der Morgen. Annäherungen an den Morgen. Neue Folge.
25.9.22
Im Traum am letzten Tag noch schnell mit den Kollegen nach Kassel gefahren. Wir haben nur die Orte mit freiem Eintritt aufgesucht, hauptsächlich unverständliche Musikinstrumente in höhlenartigen Gängen gab es zu sehen und noch lebendes „Streetfood“, gefüllte Echsen mit 8 Beinen, das war nicht schön!
°°°°°°°°°°°° ° °°°°°°°°°°° ° °°° °°°°°° °°°°°°° °°°
Montag, 26.9.22
Ich bin jeden Tag auf´s Neue dafür dankbar, daß ich aufstehen kann und keiner Lohnarbeit nachgehen muß. Jeden verdammten Tag: extreeem dankbar.
———- – — —— — ————– – –
[finde es extrem lustig, daß AUSGERECHNET DIESE Arbeit gestohlen wurde. Wünsche dem neuen Besitzer viel Vergnügen damit.]
Am 24. September 2022 um 17:40 Uhr
I do not own this
Gestrichene Zeichen von Schwäche und eine Druckerlaubnis von Joseph Goebbels: Ein Gespräch mit Joana van de Löcht, der Mitherausgeberin der jetzt erscheinenden historisch-kritischen Ausgabe von Ernst Jüngers Kriegstagebüchern.
Frau van de Löcht, die „Strahlungen“, Ernst Jüngers Tagebücher von 1939 bis 1948, haben in der von Ihnen und Helmut Kiesel herausgegebenen kritischen Ausgabe fast 2400 Seiten. Am morgigen Samstag kommen sie als dreibändige Ausgabe heraus. Wer soll das alles lesen?
Außer einigen eingefleischten Jünger-Lesern werden wohl nur wenige alle drei Bände samt Apparat und Kommentar lesen. Darauf ist das Projekt auch nicht angelegt. Historisch-kritische Ausgaben richten sich nie an ein Massenpublikum. Sie können aber auf ein langfristiges Interesse zählen. Wir wollen durch diese Edition ein bedeutendes, aber auch umstrittenes zeitgeschichtliches Dokument in angemessener historischer Aufbereitung zugänglich machen. Jünger ist einer der relevanten Autoren der Moderne, der zentrale Ereignisse der deutschen und europäischen Geschichte persönlich miterlebt hat. Im Unterschied zum Jünger des Ersten Weltkriegs und der Zwanzigerjahre haben wir es bei den „Strahlungen“ zudem mit einem gereiften Autor zu tun, der ein extrem breites literarisches und historisches Interesse in seine Texte einfließen lässt. Ich bin durch die editorische Arbeit immer wieder an Ideen und Texte geraten, die ich ohne Jünger vielleicht erst nach Jahrzehnten entdeckt hätte. Jünger lesen bildet ungemein.
Wie lange dauerte die Arbeit an dieser Edition?
Sie begann im Mai 2019. Die Fritz-Thyssen-Stiftung hat meine Stelle sowie großzügige Hilfskraftmittel finanziert, sodass wir zu dritt an der Edition arbeiten konnten.
Haben Sie manchmal bereut, diese Mammutaufgabe übernommen zu haben?
Fahnenkorrekturen von zweieinhalbtausend Seiten sind kein Spaß. Ich hatte lange kein freies Wochenende, keinen Feiertag. Es gab Momente, in denen ich mich fragte: Warum tust du dir das an? An einzelnen Tagen bin ich auch am Entziffern verzweifelt. Jüngers Handschrift ist mit ein wenig Übung gut lesbar, aber phasenweise schludert er. Außerdem schreibt er winzig. Dokumente, die nicht digitalisiert vorliegen, sich also nicht am Bildschirm vergrößern lassen, sind mit bloßem Auge oft kaum lesbar.
Manche Passagen der „Strahlungen“ sind vorwärts, rückwärts und im Quadrat analysiert worden, etwa die „Burgunderszene“, in der Jünger beschreibt, wie er vom Dach eines Hotels einen Bombenangriff auf Paris beobachtet, was Harald Schmidt im Fernsehen später mit Playmobilfiguren nachgespielt hat. Was erfahren wir aus der kritischen Edition Neues?
Speziell über die Burgunderszene erfahren wir kaum Neues, denn sie ist in nur einer einzigen handschriftlichen Fassung überliefert, die sehr nah am veröffentlichten Text ist. Aber an vielen anderen Stellen wird deutlich, dass Jünger seine ursprünglichen Tagebucheinträge stark überarbeitet und oft noch Jahre später ganze Absätze gestrichen oder hinzugefügt hat. Es gibt mitunter scheinbar tagesaktuelle Ereignisse und Erlebnisse, die tatsächlich erst Monate oder Jahre später geschrieben und dem jeweiligen Datum hinzugefügt wurden, dabei aber suggerieren sollen, sie seien an den betreffenden Tagen entstanden.
Jünger war ein emsiger Umschreiber seiner Texte. Kauft man heute die „Strahlungen“ im Buchhandel, die wievielte Fassung bekommt man eigentlich?
Die Fassung letzter Hand der Werkausgabe von 1979. Manche Einträge in den „Strahlungen“ liegen damit in bis zu acht Fassungen vor – von stichwortartigen Einträgen auf losen Blättern über Einträge in Notizbüchern bis hin zu einer umfangreichen Reinschrift auf Büttenpapier. Zu den handschriftlichen Varianten kommen dann die Typoskripte zur Druckvorbereitung der jeweiligen Erstauflagen und dann noch bis zu drei weitere Überarbeitungen der späteren Ausgaben hinzu.
Jüngers Behauptung im Vorwort der Erstausgabe von 1949, er habe der Versuchung nachträglicher Retuschen widerstanden, ist wohl die größte Übertreibung des gesamten Buches.
Jünger hat stark an dem Text und an dem Bild gearbeitet, das er von sich vermittelt. Da wird oft eine Authentizität vorgespiegelt, die so nicht existiert. Ganze Passagen wurden gestrichen oder kamen später hinzu.
Muss man die „Strahlungen“ als Roman lesen, dessen Protagonist eine Kunstfigur namens Ernst Jünger ist?
Das ginge zu weit. Es ist kein fiktionaler Text, auch wenn Jünger natürlich der Held dieses Buches ist und verschiedene Rollen einnimmt – so als Krieger, Offizier, Flaneur, Liebhaber, Zeitdiagnostiker und Literat.
Deutet Jünger die starke Fiktionalität seiner Tagebücher nicht selbst an, wenn er im Februar 1942 schreibt, um seine Zeit zu schildern, müsste er sich in Figuren aufteilen?
Ein Roman ist das Ergebnis aber trotzdem nicht. Viele Bedingungen für Fiktion sind nicht eingelöst. Der Text ist eher einem Genre zuzuordnen, in dem die Lizenz für nachträgliche Retusche durchaus enthalten ist: der Autobiographie.
Dass Autoren ihre Biografien frisieren, wäre ja nichts Neues.
Das machen doch alle! Und im Rückblick auf die eigene Rolle zur Zeit des Nationalsozialismus galt das natürlich besonders. Anders, als er es nach außen darstellte, achtete Jünger dabei sehr genau auf Kritik. Gleich nach Veröffentlichung der Erstausgabe 1949 erschien eine kritische Besprechung der „Strahlungen“ von Peter de Mendelssohn. Anhand späterer Ausgaben kann man exakt nachvollziehen, dass Jünger viele der darin vorgebrachten Kritikpunkte aufnahm. De Mendelssohn hatte etwa gefragt, wie Jünger sich von seinem Sold die vielen Bücher in Pariser Antiquariaten leisten konnte, über deren Kauf er immer wieder berichtet. In der nächsten Ausgabe werden die Schilderungen der Bücherkäufe stark reduziert, ebenso Jüngers Selbstbeweihräucherung, die de Mendelssohn moniert hatte. Auch die Beschreibungen, auf welch edlen Materialien er denn sein Tagebuch schreibe, tauchen in späteren Fassungen nicht wieder auf. Die Kritik hatte also getroffen, obwohl .Jünger das wohl niemals zugegeben hätte.
Gibt es so etwas wie ein Muster bei den Änderungen?
Grob lässt sich sagen, dass vor allem Privates und Heikles gestrichen wurde: Liebschaften, Familiäres, die eigene körperliche Verfassung. So wird aus den Aufzeichnungen deutlich, dass Jünger in Russland und der Ukraine gesundheitlich stark eingeschränkt ist, doch diese Passagen werden für die Veröffentlichung merklich reduziert oder ganz gestrichen. Auf diese Weise entsteht eine distanzierte, unverletzbar wirkende Figur. Einträge aus der Zeit des Westfeldzugs zeigen, dass sich der hochdekorierte Stoßtruppführer des Ersten Weltkriegs den soldatischen Anforderungen 1940 anfangs nicht gewachsen fühlte und Angstzustände hatte. Er fürchtete, keine Luft mehr zu bekommen und das Kriegshandwerk verlernt zu haben. Solche Anzeichen von Schwäche werden in der publizierten Fassung alle gestrichen.
Ein Stilmerkmal in Jüngers Tagebüchern ist die Einflechtung von Träumen, die oft nicht als solche gekennzeichnet sind. Hat Jünger auch Traumschilderungen nachträglich redigiert?
Ja. Jüngers Sohn Ernstel fiel im November 1944 in Italien. In der Zeit davor träumt seine Frau Gretha verschiedentlich, dass ihr Zähne ausfallen. Sie erzählt ihrem Mann davon, und der trägt es in sein Tagebuch ein. Später streicht er diese Einträge – bis auf jenen Traum, den die Mutter am Todesdatum ihres Sohnes hatte. Keine Inszenierung ist allerdings, dass Jünger auf den Tag genau ein Jahr vor dem tatsächlichen Tod seines Vaters von dessen Tod träumt. Das geht aus den Aufzeichnungen hervor.
Eine Besonderheit der Publikationsgeschichte der Strahlungen ist, dass der erste Teil, „Gärten und Straßen“, noch 1942 erscheinen konnte, der zweite erst 1949. Jünger behauptete später aber gern, der erste Teil sei im NS-Regime verboten worden.
Das Buch konnte erscheinen, allerdings erst nach Verzögerungen und von der Zensur verlangten Streichungen. Die Druckerlaubnis kam am Ende von Joseph Goebbels persönlich.
… der anders als noch in den zwanziger Jahren allerdings keine hohe Meinung mehr von Jünger hatte.
Ja, er notierte anlässlich der Lektüre von „Gärten und Straßen“, Jünger habe sich „in eine unfruchtbare Philosophasterei“ eingesponnen, sein „Literatentum“ sei „unerträglich“ geworden. Goebbels schreibt sogar, er müsse sich Jünger bei Gelegenheit einmal „vorknöpfen“. „Gärten und Straßen“ hat nichts Bellizistisches, es ist auch keine Überheblichkeit gegenüber den Franzosen darin. Jünger schildert vor allem, was sich jenseits der Kriegshandlungen abspielt. Das gefiel dem Regime natürlich nicht.
In einem bislang nie publizierten Eintrag vom Juni 1940 beschreibt Jünger einen Vorfall, bei dem ein gefangener schwarzer Soldat einen deutschen Landser gestoßen haben und dafür exekutiert werden soll. Jünger verhindert das, schreibt aber: „Wenn die Leute den Neger erschlagen hätten, wäre die Sache in Ordnung gewesen, nicht aber, wenn ich zugestimmt hätte.“ Wie lesen Sie das?
Man schluckt, wenn man das liest. Jünger versucht, eine höher urteilende Instanz zu mimen, ist gleichzeitig aber menschenverachtend. Das ist sicher nicht der einzige gestrichene Passus, bei dem man sich als Editorin denkt, dass er viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird.
Ist diese Szene symptomatisch für eine Grundhaltung der „Strahlungen“? Gewalt und Unrecht sind nun einmal Teil des Krieges und kosmischer Zeitläufte – Hauptsache, sie werden nicht mit mir persönlich in Verbindung gebracht?
Gewalt ja, Unrecht nein. Jünger nimmt für sich eine Art Ritterlichkeit in Anspruch, die es ihm ermöglicht, die Vorstellung eines ‚sauberen‘ Krieges zu pflegen. Diese Position eines erhabenen Beobachters bleibt jedoch nicht haltbar. Da gibt es etwa einen Eintrag aus dem Juni 1942, als er auf der Brust von Pariser Jüdinnen zum ersten Mal den gelben Stern sieht. Er schreibt dann, dass er sich schäme, in dem Moment Uniform getragen zu haben. Das sind Momente, die an seinem Ideal der Ritterlichkeit kratzen.
Die Judenverfolgung stört ihn, weil sie am Ideal der Ritterlichkeit kratzt?
Jünger verfolgt Einzelschicksale, wie das eines Pariser Apothekers, dessen Frau verschleppt wurde, genau und einfühlsam. Doch trennt er bei Nachrichten, die er aus verschiedenen Quellen über Kriegsverbrechen und die Judenvernichtung erhält, stets zwischen Wehrmacht und SS. Das zeigt sich besonders deutlich in seinen Aufzeichnungen von der Ostfront. Verbrechen werden in seinen Schilderungen allein der SS zugeschrieben.
Saubere Wehrmacht, böse SS – das war das vorherrschende deutsche Bild bis zur ersten Wehrmachtsausstellung 1995. Dabei hat Jünger in der Ukraine über Erzählungen das Echo von Babyn Jar deutlich gehört. Aber die Täter sind bei ihm dann anonyme „Lemuren“.
Jünger bekam durchaus mit, dass die Wehrmacht beteiligt war an diesen Verbrechen, aber diese Einsicht findet in den veröffentlichten Fassungen der Tagebücher keinen Niederschlag. Die Informationen, die er im Dezember 1942 über das Massaker von Babyn Jar festhält, sind erstaunlich exakt, einschließlich der Höhe der Opfer. Aber dieser Passus wird später gestrichen.
Jünger wusste von deutschen Kriegsverbrechen und der Massentötung von Juden, achtete aber darauf, nicht an Stätten solcher Verbrechen zu gelangen, bezeichnet sie als „tabu“ für sich. Wollte er sich vor der Nachweisbarkeit einer Mitwisserschaft schützen?
Der Satz vom Tabu ist das Ergebnis eines sehr langen Überarbeitungsprozesses im Nachgang zu einem Gespräch mit einem Major der Wehrmacht, der über Verbrechen an Partisanen berichtet. Daran lässt sich deutlich nachvollziehen, wie Jünger versucht, nachträglich einen Standpunkt einzunehmen, auch sich selbst gegenüber. Er nimmt umfangreiche Streichungen und Umformulierungen vor, und am Ende kommt dann der Zusatz des Tabus. Abgesehen von den Nachträgen wirkt sein Verhalten in Russland aber auch wie Selbstschutz. Es geht weniger um den Schutz vor Mitwisserschaft, als um die simple Frage, was ein Mensch sehen und sich zumuten will. Das ist kein ästhetisches Problem für ihn, sondern ein sehr menschliches. Er will sich den Bildern solcher Verbrechen nicht aussetzen.
Wenige Jahre vor diesem Erlebnis, im August 1939, hatte das NS-Regime einen letzten Versuch unternommen, Jünger zur direkten Mitarbeit zu gewinnen. Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop lud ihn und andere auf das Schloss Fuschl bei Salzburg ein. Friedrich Sieburg, später Chef des Literaturteils der F.A.Z., ließ sich mit einem Posten im Auswärtigen Amt ködern. Jünger lehnte ab.
Jünger hat diese Episode im Schloss Fuschl und die Begegnung mit Sieburg festgehalten, sie taucht aber in keiner Ausgabe der „Strahlungen“ auf. Symptomatische Auslassungen nahm er auch an anderen Stellen vor. So streicht er ein ausführliches Gespräch mit dem SS-Mann Werner Best, dem vormaligen Vertreter Reinhard Heydrichs im Reichssicherheitshauptamt.
Zum Attentat auf Heydrich notiert Jünger: „Die Nachricht seines Todes durchflammt gleich einem trüben Freudenfeuer die Hölle, die er schuf“. Ein gefährlicher Satz.
Als Offizier unterstand Jünger der Gerichtsbarkeit der Wehrmacht, er war dem Zugriff der Gestapo also entzogen. Ein solcher Satz hätte aber auch vor Wehrmachtsrichtern auf ihn zurückfallen können.
Nach dem 20. Juli 1944 verbrennt Jünger in Paris Aufzeichnungen, seine Frau in Kirchhorst tut dasselbe. Dabei dürfte es sich um Passagen gehandelt haben, in denen er sich besonders negativ über die NS-Führung äußerte.
Tatsächlich liegt uns für die Zeit ab Frühsommer 1943 bis zum Abzug aus Paris nur noch die Reinschrift vor, ohne frühere Fassungen. Jünger gibt nirgends Auskunft darüber, ob er die handschriftlichen Aufzeichnungen verloren oder verbrannt hat oder was sonst damit geschah. Aber es ist nachvollziehbar, dass es gerade für zeitgeschichtlich besonders bedeutsame Daten kaum Material gibt.
Im Februar 1942 schildert Jünger, wie sich ein Wehrmachtsoffizier in Paris ein Stück Karton unter die Nase klemmt, Hitler imitiert und in dessen Intonation sagt: „Ich habe mich entschlossen, euch in eine Scheiße zu führen, aus der ihr nie wieder herauskommen werdet.“ Auch ein heikler Eintrag.
Jünger sammelte auch Witze über NS-Größen, die in Wehrmachtskreisen erzählt wurden. Die fallen aber in der veröffentlichten Fassung fast alle weg.
Im Juli 1942 schildert Jünger eine Massenverhaftung von Pariser Juden. Da man die Eltern von den Kindern trennte, sei das Weinen ganze Straßenzüge weit zu hören gewesen. Jünger schreibt: „Ich darf nie, in keinem Augenblick vergessen, dass ich von Unglücklichen, von bis ins Tiefste Leidenden umgeben bin. Was wäre ich sonst auch für ein Mensch, was für ein Offizier.“ Ist das ein Originaleintrag oder eine spätere Einfügung?
Der Eintrag findet sich so in der ersten Niederschrift. Jünger schreibt auch, er habe sich stets das zweite Frühstücksbrötchen zum Verschenken weggelegt angesichts des ihn umgebenden Hungers. Dieser Satz taucht aber in den veröffentlichten Fassungen nicht auf. Das gilt auch für die Eintragung über den Azetongeruch ausgehungerter Körper in der Metro oder die Szene von jungen Mädchen, die Brotkrumen vom Trottoir auflesen. Vielleicht hat das auch mit dem Bild zu tun, das er von den Deutschen zeichnen will. Passagen, in denen es um den Hunger im besetzten Paris geht, werden nie veröffentlicht, stattdessen betont er immer wieder die Bedeutung einer Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich.
An anderer Stelle sinniert Jünger in einem Pariser Restaurant darüber, dass Essen in Notzeiten dem Essenden angesichts der ihn umgebenden Hungernden Macht verleiht.
Die Szene spielt im „Tour d’Argent“, einem Nobelrestaurant mit Blick auf die Seine. Dort essen die Mächtigen. Es ist der Kontrast, den Jünger täglich erlebt: Auf den Straßen sieht er die hungernde Bevölkerung, aber er muss sich über Rationierungen keine Gedanken machen. Er nutzt seine privilegierte Position auch, um Nahrungsmittel an seine Frau zu schicken.
Dass er für die Publikation 1949 Szenen streicht, in denen er mitfühlend den Hunger der Bevölkerung beschreibt, erstaunt. Hätte die Beibehaltung solcher Sätze nicht die Kritik an ihm im Nachkriegsdeutschland immerhin mildern können?
Er streicht auch kritische Passagen über den Nationalsozialismus, die als entlastende Momente hätten angeführt werden können. Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Eine hungernde Pariser Bevölkerung ist wahrscheinlich nicht das Bild, das er von der Besatzungszeit zeichnen will.
Welche Schlussfolgerung zog Jünger aus der Mahnung an sich selbst, er dürfe das Leid in seiner Umgebung nicht vergessen?
Jünger integriert die Schrecken seiner Zeit in ein geschichtsphilosophisch grundiertes Weltbild. Er nimmt das Leid in seinem Umfeld zwar wahr, schreibt ihm aber eine ausweglose Zwangsläufigkeit zu, da es Teil der Zeitläufte und größerer Zusammenhänge sei. Bis ihn im Januar 1945 die Nachricht vom Tod seines Sohnes erreicht, ist Jünger kaum existenziell von Kriegsfolgen betroffen.
Ein ausführlicher Eintrag behandelt Jüngers Besuch bei Picasso. Wie reagiert der, als die „Strahlungen“ in den fünfziger Jahren auf Französisch erscheinen?
Mir ist keine Reaktion bekannt, was dafür sprechen könnte, dass es keine gab. Louis-Ferdinand Céline, dessen Antisemitismus Jünger anschaulich und mit Abscheu schildert, brach dagegen sogar einen Rechtsstreit gegen die französische Ausgabe vom Zaun.
Jüngers Tagebücher werden durch seine Beziehung zu der Kinderärztin Sophie Ravoux sozusagen emotional grundiert. Es scheint, der quantitativ wichtigste Teil der Streichungen und Änderungen bezieht sich nicht auf politische Ereignisse, sondern auf Jüngers Affäre.
Für einzelne Phasen der Pariser Zeit ist das sicherlich zutreffend. Das gesamte Jahr 1942 hindurch werden sämtliche Spaziergänge und Begegnungen mit Sophie Ravoux in der Überarbeitung entweder zu Begegnungen mit diversen pseudonymisierten Personen, etwa mit einer anonymen „Doctoresse“, oder sie werden in der überarbeiteten Fassung zu Ausflügen eines einsamen Flaneurs. Sexuelle Szenen werden generell in Pflanzenmetaphorik, Traumsequenzen oder literarische Anspielungen überführt.
Der abschließende Teil der „Strahlungen„ betrifft die Nachkriegszeit vor Gründung der Bundesrepublik. Vieles daran wirkt wie eine Rechtfertigungsschrift.
Und das, obwohl Jünger 1958, als der letzte Teil erscheint, vielleicht so etabliert war wie nie zuvor. Einer der Gründe für die umfangreichen Rückblicke dürfte gewesen sein, dass das Manuskript in Folge umfangreicher Streichungen etwas knapp ausgefallen war. Deshalb verfasste Jünger lange, reflektierende Passagen, in denen er etwa auf die Ursprünge der Nationalsozialisten und seine Rolle während ihres Aufstiegs zurückblickt. Diese Passagen entstehen unabhängig von den Tagebüchern, werden später aber so eingefügt, als seien sie an den jeweiligen Daten geschrieben worden. Jünger erfindet dafür Begründungen, warum er sich an diese Person oder jene Begebenheit erinnert, etwa das Sortieren von Korrespondenz.
Finden sich in den ursprünglichen Eintragungen Gefühle wie Reue oder des Bedauerns?
Im Mai 1945 trifft Jünger auf ehemalige KZ-Häftlinge aus Bergen-Belsen und hört im Radio den Bericht einer Auschwitz-Überlebenden. Er ist erschüttert und ringt um einen Standpunkt, sucht nach Informationen und liest 1948 Eugen Kogons Buch „Der SS-Staat“. Seine Reaktionen in den privaten Tagebüchern werden für die Veröffentlichung jedoch in weiten Teilen durch einen kompletten Alternativtext ersetzt, sofern sie überhaupt auftauchen. Für die veröffentlichte Fassung reduziert Jünger seine ursprüngliche Emotionalität und Erschütterung. Auch seine Abneigung gegen die Besatzungstruppen wird in der Publikation abgeschwächt.
Hitler erscheint in Jüngers Nachkriegstagebüchern als dämonischer Verführer, die Deutschen sind Verführte. War das ein Grund für den Erfolg des Buches, als es 1949 erschien?
Auf jeden Fall. Jünger zeigt in den „Strahlungen“ eine Möglichkeit, Erlebnisse aus der Zeit des NS-Regimes als von der eigenen Existenz losgelöst zu betrachten – er spannt einen großen geschichtsphilosophischen Bogen, beschreibt den deutschen Widerstand und leuchtet in die dunklen Ecken nicht allzu hell hinein. Das wird zu einem Muster, das viele nachahmen.
Clemens Graf von Podewils, mit dessen Hilfe Jünger Kriegsberichterstatter werden wollte, wird nach dem Krieg Generalsekretär der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, und Hans Speidel, in Paris Generalstabschef, Oberbefehlshaber der NATO-Landstreitkräfte in Europa. Carlo Schmidt ist eine Führungsfigur in der SPD und so weiter. Heute würde man sagen: Jünger war ein begabter Netzwerker.
Das war er, davon zeugt auch seine riesige Korrespondenz. Er investiert sehr viel Zeit und Energie in die Pflege von Kontakten. Zugleich zeigt die Publikationsgeschichte der Strahlungen, wie stabil Netzwerke über 1945 hinaus bestanden. Auch hier finden wir keine „Stunde Null“.
Stilistisch wechseln bei Jünger brillante Sätze oft mit Kitsch und Pathos, etwa in dieser Formulierung: „Gespräche zwischen Männern müssen göttergleich, wie unter Unverletzlichen geführt werden.“ Als habe er keine Antenne für seinen eigenen Kitsch.
Bei der Arbeit an ausdrucksstarken Sprachbildern ist Jünger mitunter zu großzügig im Farbauftrag, und dann wird es kitschig. Auch ist ihm ein Hang zum Pathos nicht fremd. Stark ist er hingegen in Aphorismen, Naturbeschreibungen und der präzisen Schilderung von Gesprächssituationen und Charakteren.
Was kommt für Sie nun als nächstes? Jüngers Alterstagebücher „Siebzig verweht“ in allen Fassungen auf 9000 Seiten in kretischem Rochenledereinband?
Das würde ich weder mir noch dem armen Rochen antun wollen. Für mich ist erst einmal Schluss mit Jünger. Ich bereite eine Habilitation zu einem ganz anderen Thema vor. Zu Jünger brauche ich einige Jahre Distanz, eine jüngerfreie Zeit.
Am 26. September 2022 um 12:55 Uhr
die klapperigen Gestalten die sich mit ihren Rollatoren die Bürgersteige hoch und runter quälen. Ach Gott.
ich putze jetzt hier mal komplett durch und dann alles schön durchdehnen mit der Nervensäge Liebscher Bracht und den verkürzten Muskeln und Bändern.
Heute morgen der jammerigen Frau Laurinat beim Sound der aufplatzenden Kastanien im Hof zugerufen, sie könne mich jederzeit anrufen!
ja, danke, aber Sie sind ja auch oft nicht da.
Das stimmt! aber wenn ich da bin, bin ich auch für Sie da!
und meinte es sogar.
_________________________
In Köln, bis 29. Oktober: Bells
Am 2. Oktober 2022 um 00:01 Uhr
DD Seminar WS 2022
Beginn Do, 13.10.22 10 Uhr
Noise: Anti-Struktur, Formlosigkeit, Welthaltigkeit und ihre Politik
Noise soll in diesem Seminar in mindestens drei Bedeutungen und vor allem deren Überschneidungen thematisiert werden.
Zum einen nennt die Informationstheorie und die auf ihr basierenden Vorstellungen von Kommunikation das Unverständliche, dasjenige, das die Kommunikation, die Signalübertragung stört oder nach ihrem Zusammenbruch an dessen Stelle getreten ist, Noise.
Zweitens ist Noise eine Kunstform im Bereich der klanglichen Künste, die sich entweder als eigenständige Praxis versteht (z.B. Merzbow) oder als einen Aggregatszustand oder eine Spielart einer schon bestehenden Praxis, die diese aber an eine Grenze führt oder radikalisiert (Free Jazz, Feedback im Rock, Industrial etc.), insbesondere in Praktiken, die sich nicht mehr einer musikalisch verstandenen Klanglichkeit verpflichtet fühlen, sondern von der Bildenden Kunst, bzw. der Sound Art kommen.
Die dritte Bedeutung schließlich sieht in Noise einen Grad der Intensität, der Aggressivität und der Konfrontation, der den Moment beschreibt, wo kulturelle und künstlerische Praktiken mit Widerstandshandlungen zu tun bekommen oder in solche übergehen. Buchtitel wie „Queer Noises“, „Black Noise“, „Noise In The Blood“ oder auch Jacques Attalis Klassiker „Noise“ beziehen sich nicht nur auf bestimmte Stile, Praktiken und Traditionen, sondern die notwendige Noise-Grenze jeder Politik des Klanglichen.
In einer ersten Phase würden wir uns mit einzelnen historischen Phänomenen beschäftigen (Musique concréte, Cage, Maryanne Amacher, Free Jazz, Industrial, Noise Rock, Japan Noise uvm), in einer zweiten mit den zeitgenössischen Ideen und Praktiken und schließlich in einem dritten Teil generell zu Fragen zu einer Ästhetik der Konfrontation zu kommen – möglicherweise wird das in zwei auf einander folgenden Semestern geschehen
–
Inhaltliche Voraussetzungen
(erwartete Kenntnisse)
Vorkenntnisse ästhetischer und kulturtheoretischer Denkschulen sind wünschenswert, jedoch nicht notwendig. Allein die regelmäßige Anwesenheit und Bereitschaft zur Vorbereitung und Diskussion des zu untersuchenden Materials wird unbedingt vorausgesetzt.
Ziel
(erwartete Lernergebnisse und
erworbene Kompetenzen)
Von den Phänomenen zu den Konzepten und wieder zurückzufinden
Am 2. Oktober 2022 um 00:46 Uhr
Franz Dahlem: Am liebsten wäre ich Marylin Monroe. München, Schirmer/Mosel 2021, S. 21
Am 5. Oktober 2022 um 12:29 Uhr
https://www.akbild.ac.at/de/universitaet/mitteilungsblatt/studienplanbildendekunst_2021_korrektur20220915.pdf