Duldungsstarre

Klasse, Ordnung, Art, natürliche Schönheit

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ich dachte über die Massen der Jungberliner irgendwie auch nichts Neues. Sie wirken und sehen so aus, wie sie wahrscheinlich überhaupt nicht aussehen und wirken wollen, wie die unkonventionellen jungen Leute in der Werbung für junge konventionelle Leute, denen z.B. eine Versicherung angedreht werden soll. In ihrem Drang nach Individualismus ergeben sie einen einzigen Brei. Aber vielleicht wollen sie diesen Brei auch mehr ergeben und sich in diesem Brei ergehen, als sie selber sagen und wissen.

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Am Sonntag war im Mauerpark eine beträchtliche Anzahl zusammengekommen und ich wußte erst nicht, was sie so laut beschrien und beklatschten, das Aufgeführte selbst war nicht zu sehen und viel leiser, als sie selber, die Bühne ebenerdig, während sie am Hang saßen und den Eindruck machten, als könnte nichts schöner sein als eng zusammen in einer Riesenhorde wie aus einer Kehle einig, einträchtig einen der ihren hochleben zu lassen, der sich zum Karaoke gemeldet hatte und dann etwa Aint no sunshine when she s gone oder We are the world sang. Da man an diesem herrlichen Frühherbsttag mindestens soviel amerikanisches Englisch wie Deutsch hörte, die Leute an Maiskolben herumfraßen, jonglierten und sich gegenseitig selig die Haare flochten, wähnte ich mich in einer Art Jesus-People Camp im mittleren Westen, gefangen in einer wahnsinnigen Bereitschaft zur Eingliederung, unbedingt ein funktionierendes Teil der Schöpfung zu sein und zwar sicherheitshalber hier unter den Vielen als Ausweis, selbst nicht ganz falsch sein zu können.

Ich dachte dauernd nur ich fasses ned und stolperte über die Jesus-Freak Wiese wie ein vertrockneter Satanist mit Rückenschmerzen, der nichts auszurichten hat. Der lautlose Übergang von noch nicht bis nicht mehr. | Komisch komisch dachte er, da waren ihm auch schon alle | die Zähne ausgefalle. Man würde sich nicht wundern, wenn gleich der Guido da mit seinem Freund auftaucht oder der Guttenberg mit seiner Frau weiter hinten am Techno-Stand paar Takte tanzt und dann lachend abwinkt. Die Sonne stand so schräg, daß die Leute die tollsten Fratzen schnitten wenn sie dort hineinsahen. Das war das einzig Gute.

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Ich kaufte bei einem verbrecherischen Ausländer einen versilberten und schön angelaufenen Pokal für eine neue Hand, auf dem eingraviert steht:

Bester Vogel 1973

07195-71-754

Err. E. Obst

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und zwei Ausgaben von Das Magazin von 1976 mit Kurzgeschichten und typischer DDR-Erotik. Die laszive Darstellung von halbnackten Mädchen und jungen Frauen soll natürlich, beiläufig und selbstverständlich wirken, als sei gar nichts inszeniert, sondern die Abbildung so normal wie Rezepte für den Römertopf und der Bericht über die Singegruppe. Frei, gesund und selbstbestimmt, unaufdringlich und ohne Hochmut zeigt sich das Mädchen. Natürlich schön liegt Nadine verträumt mit freiem Oberkörper und den kleinen Himbeeren im Wald, weil es im Sozialismus ganz natürlich ist und natürlich keine Wichsvorlage.

Am Kamerun-Stück lassen sie kein gutes Haar und ich glaube alles.

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  1. admin
    Am 7. September 2010 um 13:31 Uhr |
    von 3 bis 6 ist nicht die beste Arbeitszeit. Ich habe mich angestellt wie der erste Mensch. Jetzt hätte ich gerne einen Film davon. Wie ich da hockte dachte ich immer: warum? warum? und dann: ZUM STEINERWEICHEN. Ich konnte nicht Herr werden über die Materie, überall hatte ich mich schon beschmiert, nur noch nicht im Mund und konnte mit dem Mundschutz auf und keine Hand frei das Klebeband nicht abkriegen. Mit glitschigen Händen in Handschuhen und glitschige Handschuhen, mit einer Hand hielt ich den Gießling fest und wollte ihn ans Tischbein binden, nachdem er im Eimer nicht gehalten hat und dann später nicht am Wasserhahn und nirgendwo! ein Handschuh voll mit flüssigem Harz, der schon übergelaufen war, das Klebeband ja auch gar nicht auf ihm hielt, d.h. man mußte es so hinkriegen, daß das Klebeband auf einer Schicht Klebeband zu kleben kam, wickeln und überlisten, keine Ahnung, oben reingesteckt der Vogelpokal, der mit festgehalten werden mußte. schließlich riß ich mir den Mundschutz ab und nahm die Zähne. Ich wußte nicht, wieviel Zeit schon vergangen war, aber die Chemie des Harzes sollte langsam mal das reagieren anfangen, mal aus dem Kram kommen, in die Pötte, nach 30 – 40 Minuten müßte es jedenfalls wärmer werden und verdicken, es blieb aber kalt und dünnflüssig. dabei hatte ich das Mischungsverhältnis genau ausgerechnet. Etwa wie der Pauli oder Dirk Hodl. Auf 100 Gramm Epoxidharz kommen 55 Gramm Härter, wieviel kommen dann auf 500? ich schrieb es lieber auf, in 5 Schritten. 100 bis 500 = 5
    200, 110
    300, 165
    400, schwer, 220
    500 hatte ich mich erst verrechnet, 285. 275.
    Dann addierte ich 500 + 275 gleich ungefähr 800. Dann schüttete ich es zusammen in den Meßbecher knapp unter der Markierung 800, dann schüttelte ich es, damit es sich verbindet. In der Zwischenzeit rieb ich Formen mit Formentrennmittel ein, das ist eine rosa Flüssigkeit. Zu Hause hatte ich schon vorgefertigte Kleinformen aus Plastilin hergestellt, sehr unehrgeizige, dann mit dunkelblauem BMW Ausbesserungs-Lack gestrichen oder in Seidenmalfarbe getränkt. Ich habe viele Farben die ich selbst nie kaufen würde aus der Sammlung meines Bruders überlassen gekriegt, die als Sondermüll am Schadstoffmobil abgegeben wurden, nachdem sie wer weiß wie lange in den Haushalten und Garagen der Mitbürger gelagert haben, sicher teilweise 30, 40 Jahre. Manches stinkt so krass, man wundert sich, daß das überhaupt mal zugelassen war. Carboleum z.B. Bzw. heißt es laut Wikipedia Carbolineum. „Carbolineum (auch Karbolineum) ist ein öliges, wasserunlösliches, brennbares, braunrotes, nach Teer riechendes Gemisch aus Steinkohlenteer-Bestandteilen. Es enthält u. a. Anthracen und Phenole. Wegen seiner fäulnishemmenden und desinfizierenden Wirkung wird Carbolineum zur Konservierung von Bahnschwellen, Telegrafenmasten, Pfählen usw. verwendet.[1] Carbolineum ist stark hautreizend und bei längerer Einwirkung krebserregend. Die Dämpfe reizen die Atemwege. Es gibt kein Holzschutzmittel, das die Schutzwirkung von Karbolineum annähernd erreicht.“ Ich habe gelacht, als ich gelesen habe, daß Houellebecq bei Wikipedia abgeschrieben und es nicht kenntlich gemacht hat. Das ist so ein lustiger Vorwurf. Heimlich bei Wikipedia abgeschrieben, als wäre es das Feinste. Es hat auch eine super Wirkung, wenn der Festredner in seiner sehr ausgefeilten, feinen und stilsicheren Festrede bei der Verleihung des hochpreisigsten Lyrikpreises in herrschaftlichem Ambiente vor der Literaturnobelpreisträgerin, der Verlegerin, Ministern, Kaisern usw. mehrfach aus Wikipedia zitiert. „Ich zitiere Wikipedia:“ Und zwar auch noch irgendeinen Allerweltsschmarrn, das weiß ich aber nicht mehr genau, vielleicht ist es Wunschdenken. Vielleicht war es so auch gar nicht gemeint. So war das. Ist mir das schöne Lob doch so unheimlich, daß ich es gleich zurückgeben muß? –   Ich drücke mich einfach davor nachsehen zu gehen, ob das von heute Nacht was geworden ist. Deshalb lalle ich hier noch was herum und kann mir kaum vorstellen, daß es was geworden ist, daß es überhaupt irgendwie HART geworden ist. Aber ich hoffe es doch, und zwar sehr sehr! stark! Der Galerist darf es auch nicht lesen. Ich entschuldige mich beim Galeristen, aber ich konnte nichts dafür. Das lange bestellte Harz kam erst gestern nachmittag. Es war bereits Freitag damit gerechnet worden. Ich habe auch noch ein paar gute Sachen auf Lager, wenn alle Stricke reizzen.Der Hermes-Bote der es brachte war ein echter Götterbote. Sicher über 60 mit schlotternden dünnen Beinen und langen dünnen Haaren. Er konnte gar nicht mehr sprechen, als er oben war. Jedesmal sage ich, es täte mir leid, daß ich hier oben wohne und gebe ca. 2 Euro mit den Worten: Hier, für Ihre Mühe. Und jedesmal denke ich, es klänge herablassend, irgendwie blöd. Aber vielleicht ist es auch nur die Situation, weil der Ausgeruhte dem Keuchenden gegenübersteht, der da mit Scanner und Zaubertafel wo man unterschreiben muß hantiert und ich da stehe mit meinem Geldstück. Aber besser 2 Euro als ohne alles da hochklettern, oder? Egal, welchen Spruch die Alte bringt. Die 2 Euro summieren sich auch ganz schön.Hier, haste

    Kauf dir ein Eis, Püppilein.

6 Reaktionen zu “Duldungsstarre”

  1. pauli

    Grande!

  2. admin

    Hubschrauber, Pauli, Hubschrauber!

    (morsbach.org)

  3. forsthoff

    möchte bitte noch „duldungsstarre“ kommentieren.-wenn man es nicht kennen würde.
    ergänze es um „opferkonkurrenz“,“viktimodogmatik“und ganz gross.& bin neidisch-„isaakiade“/

    bin oft des sonntags im mauerpark.wurde vorigen sommer gefilmt von freunden /kommilltionen dortselbst & verwandt als darsteller.erst hiess der film im AT:“schlafende hunde“,dann“die invasion der tintenfische“,jetzt:um im business wahrgenommen zu werden“exit teneriffa“.nichtsdestoweniger ist die dortige simulation menschenzoo mauerpark auch weiterhin thema.-
    beim dreh wurde mal gesagt.wenigstens wollen die massen dort da beim karaoke keinen krieg mehr.meine antwort hätte sein müssen:Aber ich…..

  4. admin

    Ach, den Leutchen gefällts doch. Whooohooooo
    Die sind schon richtig. Recht hat, wer jung ist. Das ist die Zukunft. [das ist ja wirklich – ganz einfach – so.]

    [aber. an ihnen und ihrem Verschmelzungswahn rumzumäkeln hat eine ungefähr genauso blöde Wirkung wie die, die von ihnen selbst ausgeht. – Kritik an mir, Wirkung auf mich.]
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    gestern war DDR Abend im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Ich habe Weißensee und Maischberger gesehen, der Diestel wurde frech gegen Hubertus Knabe. Der Knabe solle ihn nicht immer anfassen. Und hier: Die D-Mark kommt!

    http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/8/0,1872,8111944,00.html?dr=1

    (daß sich hinter der Quelle-Marke Privileg in der DDR gefertigte Kühlschränke und andere Haushaltsgeräte verbargen, wußte ich noch nicht.  Aber wenn mans weiß, kommt es einem ganz natürlich vor. Privileg, – ja natürlich! Wir hatten viel von Privileg. u.a. Nähmaschine. Die schönen blauen Pakete von Gustav Schickedanz, dem Nationalsozialisten aus Fürth. Der schöne Versandhandel. Das schöne Q mit der Hand.)

  5. forsthoff

    das abschlusslied im karaoke mauerpark ist immer cab calloways „minnie the moocher“.(heidiheidiyo)/hatte ich aber zum ersten mal jüngst erst gehört.versöhnte mich in seiner pädogogik des gutenschönenwahrenANDEREN(wo alles anfing-)mit jener dortigen gegenwart./bin sehr erstaunt das dies gefühl auch andere „fortysomething“ ergreift./allerdings bin ich auch erstaunt das bei begriff QUELLE es nicht sprudelt von wissen und anderes.was einen selbst umtreibt.es ist ja nicht,das alles einen namen hat,sondern auch einen namen bekommt.und bzw dadurch den „wertekreislauf“zugewidmet wird.

    habe im übrigen auch weissensee &diestel gesehen.-es war nur 1 abrauschen.andererseits :Du hast recht.Wenn mans weiss usw.-

    sehe jetzt nebenbei die auf arte wiederholte doku über peter weibel.ich mag den nuschelnden Überall-nur ist er nicht der peter alexander des kunstbetriebes.(auch das so was)/war gestern in der vb bei „nach moskau“:und fühlte mich wohl.:wollte sagen :
    ist HIER 1 schöner blog
    .allerdings zumeist mit ironie.da mach ich ich eher in pathos.
    wenngleich alles die richtigen worte waren :(mäkeln)(verschmelzungswahn).
    wirkung kann ich nicht wissen.aber ist hundeschnauze….
    was uhu betreibt ist ja die präzisierung eines gefühles.-mir fehlen die mittel.
    das find ich blöd.(bei mir)
    (könnte mich noch unendlich kommentieren.aber spüre:selbst sätze.die klar sind.werden hermeneutisch….
    ps.kann nicht -wie bsp jerzy grotowski- gegenüber einer welt ein „sie“benutzen.müssen…

    habs noch mal gelesen.(das mir jetzt diktierte) und frag mich bang:das soll also für die „ewigkeit des netzes“ sein?

  6. admin

    Das Netz wird uns bald vergessen haben, habe ich gelesen und glaube es.

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