Villa Elisabeth

inger-christensen.jpg       villa-elisabeth.jpg

Marcel Beyer hatte begonnen zu lesen und es kam zu einer kleinen Zwischenansprache: Inger Christensen hätte mal gesagt, sie wolle eigentlich am liebsten so dichten wie Oskar Pastior, das wäre ihr das Schönste. Das hätte sie gesagt, 3 Wochen bevor Oskar Pastior gestorben ist und hatte dann tatsächlich auch auf deutsch gedichtet und wenn man dann noch wüßte, daß – das habe ich nicht genau verstanden, wer jetzt wem was gewidmet hat — jedenfalls kam jetzt zu dem toten Oskar Pastior und der toten Inger Christensen noch der tote Thomas Kling als wiederum Bewunderer von Inger Christensen ins Spiel, da würde es einem nur noch unheimlich, sagte Marcel Beyer und man verspürte es auch. Und in dem Moment, als er anfing das unheimliche Gedicht zu lesen, zu dem er diese Einleitung gesprochen hatte, ernst und unprätentiös, fuhr plötzlich die Frau dem sehr nahe neben mir auf der Empore sitzenden Mann in seine halblangen Haare und begann darin mit schnellen kurzen Bewegungen wie verrückt herumzukraulen, mehr fast zu kratzen, was ich aus den Augenwinkeln sah und was ein so abscheuliches Geräusch ergab, daß ich es nicht beschreiben kann und auf der Stelle auch verrückt wurde. Das Knistern der Haare und wie die Fingernägel die Kopfhaut beharken und die Haare auf den Kragen fallen, sie hörte damit nicht eher auf, bis Marcel Beyer dieses unheimliche Gedicht und noch 2 weitere gelesen hatte, denen ich überhaupt nicht mehr zuhören konnte.

Als der Lesende dann fertig war und sehr schnell vom Lesetisch zu seinem Stuhl in der ersten Reihe hinrannte, nahm die Frau schnell ihre Hand aus den Haaren des Mannes heraus, um zu applaudieren.

11 Reaktionen zu “Villa Elisabeth”

  1. alleine irren

    kworkkss! das ist ja fürchterlich! über die balustrade kippn! oder: haare oder nägel ab. nittt schaben, jedenfalls. da wollt ich morden, tu ich nie. aber wollt ich. selbstreflektion! scham! in jedem fall aber: bitt bitt bitt nitt nitt schabn. alles ab. sehr apart.

  2. ding der unmöglichkeit

    das ist dem allgemeinen trend der doppelten dienstleistung geschuldet. heute abend lyrik und kopfmassage! gibt ja auch handmassage gratis, wenn man im lafayette für hundert euro handtaschen kauft, oder gürteltaschengedichte.

  3. admin

    Jetzt: Neben mir ist eine Wohnung frei und ein Elektriker in Latzhose erbat einen kleinen Tritt oder eine Treppenleiter, um da zu arbeiten. Ich könne ja dann auch mal die Wohnung ansehen wenn ich wolle, er ließe die Türe auf. Ja, das mache ich vielleicht wirklich. Dann kochte ich Kaffee und ging mal kucken. Die Wohnung ist fast schöner als meine und man müßte gar nicht viel renovieren. Der Balkon ist groß und es geht nach vorne wie hinten raus und neben dem Badezimmer ist eine lange schmale Kammer, da hätte ich meine ganze Kunst reintun können. Ich ärgere mich ein bißchen und sag zu dem Mann, da muß man ja gar nicht viel machen, in meiner Wohnung mußte man alles machen. Ja und hier, sagte der Mann und zeigte das hintere Zimmer zum Hof, die Schlafstube… in rot! Da würde man aber… und machte so Bewegungen mit seinem Unterleib und riß die Augen auf. Ja, da käme man gar nicht zur Ruhe, wahrscheinlich, sagte ich. Und dann bot er mir eine Zigarette an und dann sagte ich, ich ginge mal wieder rüber, ich rauche ja nicht. Ich glaube die Wohnung ist sogar billiger als meine. Mensch. Sie wirkte auch größer, im Ganzen schöner!

  4. admin

    Jetzt bringt er die Leiter wieder.

    – Schönen Dank und frohe Ostern wünsch ich!

    Ein netter Mann.

    ___________________

    Knörer über das Pollesch Buch

    http://www.taz.de/1/leben/buch/artikel/1/theorie-pop-und-trotz/

    Steingart über Politik ohne Geist

    http://www.spiegel.de/politik/debatte/0,1518,618088,00.html

    schleimlösende Mittel wären gut, Kopfschmerzen
    heute abend im Fernseher:

    http://www.taz.de/1/leben/medien/artikel/1/die-hoelle-das-sind-die-maedchen/

    sagt der notgeile 68jährige

    Himmel, war das ein schlechter Scheiß-Film

  5. ding der unmöglichkeit

    against the spare parts of genügsamkeit: im ganzen schöner! hah!

    ja, genau, das habe ich immer gewollt, im ganzen schöner ist eben das andere ende von im dutzend billiger. aber mach was gegen die sammler, die bleiben bei den teilen und leben vom rabatt.

  6. ding der unmöglichkeit

    ob wohl jemand meine nicht gekauften blumen bespricht? und mein schlafzimmer rot streicht? aber nur so die fussleisten, das würde mir genügen. ich sag mal ciao und até mais und danke und schön, den uhu in berlin zu wissen!

  7. admin

    Eier färben und Nietzsche lesen die nächsten Tage.

    Nietzsche lesen und jeden Tag 10 steinhart gekochte Eier dazu essen.

    und nicht auf Klo gehen.

  8. admin

    ewige Wiederkehr mann mann mann

  9. admin

    Drinnen nur Müll und draußen so toll!

  10. admin

    Karfreitag 22:02

    Kamera könnte besser sein, don´t the moon look good, mama?

  11. Sandemose « Turmsegler

    […] (19. 01. 2009)Tags: Aksel Sandemose • Inger Christensen • Lyrik 0 Kommentare »Verwandte Beiträge:WennDies Land der MüheDer Tod wird kommen…TodesfugeDie Kunst des KriegesEinenKommentar schreiben Name (erforderlich) eMail (erforderlich) (wird nicht veröffentlicht) WebseiteXHTML: Folgende Tags sind verwendbar: <a xhref=““ mce_href=““ title=““> <abbr title=““> <acronym title=““> <b> <blockquote cite=““> <cite> <code> <del datetime=““> <em> <i> <q cite=““> <strike> <strong> […]

    ____________________________________

    Die sonne steht tief in dem kleinen jahr
    der farn grübelt über dunkel
    der mutige pfad ist verschwunden
    das große haus ist nur holz
    in der täfelung raschelt ein feind

    Der stuhl läßt dich sitzen
    der tisch läßt dich sitzen
    das brot läßt dich stehen
    die kleinen kerne der wörter
    die kerne der menschenleiber
    mahlen und zermalmen deine hand
    deinen geist
    der feind raschelt

    Briefe gären hinter alter täfelung
    das mehl murmelt im munde
    der holzwurm ritzt sich voran
    dein hirn sprengt seine zeit
    der feind ist los

    Die wände stehlen sich weg
    das werkzeug stiehlt sich weg
    die uhr stiehlt sich in stillstand

    sie haben einen spaziergang gemacht
    dein stuhl und dein tisch
    sie brüten alte
    gierige wörter aus
    hoch im schneeweißen gebirg

    Du bist auf dem wege

    Inger Christensen (1935-2009)

Einen Kommentar schreiben