Organisation Todt
Wie gerne würde ich 1:1 abbilden was und vor allem wie Matumba gestern berichtet hat von seiner Woche auf dem Land, wo er 19 schwere Pflanzsteine, die seine Eltern ihm zum Geburtstag geschenkt hatten, die er sich sogar selbst gewünscht hatte, dorthin hatte verbringen und verbauen müssen, wo ca. 30 Jahre lang der kleine Wohnwagen gestanden hatte mit dem die Eltern und die Kinder in den 70er Jahren nach Österreich zum Toni, später zu Rhein und Mosel gefahren waren, der dann noch einige Jahre unbenutzt eher Objekt der Scham war und dann ganz abgeschafft wurde. Wie der Vater sich freut, wenn der in seiner Erinnerung junge und kräftige Sohn kommt, um endlich die wartenden Arbeiten zu verrichten, die er selber nicht mehr kann, dabei ist Matumba auch eher fertig, bzw. nichts mehr gewohnt. Sein ehemals athletischer kleiner Hauptschüler- und Trockenbauerkörper hat den Körper eines Geistesarbeiters angenommen, ist immer noch athletisch, aber infolge von überhöhtem Alkohol- und Nikotinkonsum höchstens punktuell und nicht auf die Dauer was zu reißen imstande. Aus diesen Punkten heraus kann er seinem Vater seine Kraft, seine Weitsicht und sein planvolles Vorgehen in der Gartenbaukunst simulieren. Bzw. ist das ja alles grundwahr.
Der im Nachbarort besuchte Onkel hätte ganz toll wie eine Wasserleiche ausgesehen, weil er sich zum Rasenmähen großzügig mit Sunblockern eingerieben hatte, Matumba empfiehlt außerdem tatsächlich die Wohlgesinnten zu lesen, schon wegen der benutzten Quellen, die man selbst kennt und gerne wiedererkennt und überhaupt wäre das so geschrieben wie man es immer schonmal hat lesen wollen.
Auf der Zugfahrt von Karlsruhe wäre ich zunächst wegen Trostlosigkeit fast erstickt. – Vor mir eine (wahrscheinlich) diplomierte Hebamme, die Word-Dokumente verfaßte die anfingen mit „vielen Dank für Ihr Interesse an o. g. Veranstaltung.“ Wenn man selbst seit vielen Jahren Word verwendet, also ich konnte mich wundern, wie anders als von mir Word noch verwendet werden kann; ich konnte nicht aufhören der Frau über ihre Schulter hinweg auf ihren Bildschirm zu starren. Die schien für alles sich sogenannte Makros gemacht zu haben. Vorformulierte Textquader, Floskel, Excel. Zertifikatskurs, Qualitätssicherung, Rückmeldung, DozentInnenkonferenz, Bergisch-Gladbach. Protokoll des Gesprächs mit Frau Münch. Protokoll des Gespräches mit Herrn Hall. Rückmeldung von Frau Jurt. Rechteckige kleine Brille steht keinem, ich hab jedenfalls noch nie eine/n gesehen. In rot schon gar nicht. Einwand von Frau Jurt. Weißer Nebel aufsteigend aus den Tälern des Siegkreises sieht aber gut aus. Die sauberen, näselnden heteroaffektierten Bundeswehrangehörigen sprachen untereinander so einen Käu und ließen sich pißnelkenhaft billig über ihre Kollegen aus, um sich darüber ihrer Freundschaft umso mehr auf das Platteste versichern zu können, – das würd ich doch nie tun, an deinen Spind gehen. Das fand ich auch abartig vom Lars. Ich dachte, das halt ich auf keinen Fall aus. Dann kam die Schaffnerin und lenkte ab, da sehr ungewöhnlich, sehr speziell, um die 50, sie sah so klug aus wie ich noch keine Schaffnerin sah, auch mit einer schönen Stimme versehen, und als sie sich umdrehte erkannte ich schwer in Gedanken was diese Frau eigentlich war den Abdruck eines Rautenmusters auf ihrer Jacke, großflächig, schimmernd, das der Abdruck eines standardmäßigen Bügelbretts, glaube ich, war und ich fragte mich, ob das sein kann und weiter ob die denn wohl ihre Jacken selber zu Hause zu bügeln hatten? Der Schonbezug abgenutzt, der Schaumstoff dünn geworden, so war das wahrscheinlich passiert, daß bis aufs Metall, bis auf die Knochen des Bügelbretts durchgebügelt worden war und sich das Muster abbilden konnte und als der Gedanke abklang, klang wieder das Gespräch der Wehrdienstleistenden auf, das auf einmal eine ganz neue Qualität gewonnen hatte, da sich ein heller, undurchsichtiger, jüngerer Mann mit Hut und langem Vollbart ohne Schnäuzer vom Vierertisch auf der anderen Seite eingemischt hatte und den beiden Arschlöchern höchst dezidierte Fragen stellte. Es stellte sich heraus daß sie Wehrpflichtige, nicht Zeitsoldaten waren und daß sie die hochinteressante Aufgabe erfüllten, verletzte Zivilisten in Kriegsgebieten zu spielen. Der Bärtige fragte nach der Arbeit der Maskenbildnerei etwa. Sie erzählten bereitwillig von abgehackten Gliedmaßen, offenen Wunden, psychologischer Kriegsführung, bzw. natürlich Friedensführung allgemein, wie man in Krisensituationen beruhigt und führt. Der Mann mit Bart stellte dann Behauptungen auf, wo ich dachte: ui! Was werden sie jetzt sagen? Daß z.B. 5.000 oder 10.000 tote Taiwanesen doch keinen juckten, oder doch? Wenn China sich bald Taiwan holt, womit doch wohl stark zu rechnen sei, und zwar militärisch. Meinten die Bundeswehrangehörigen zögernd: ja, aber Taiwan wär ja westlich eingestellt und die NATO, also sie würden denken — sie würden 5.000 tote Taiwanesen auch nicht groß jucken, da habe er recht, nein Quatsch, — was? Crisis, weil man nichts Hehres will, weil das albern ist, „die Kunst“ ist albern, und das Alberne, wie blöd können wir Blödis uns runterschrauben, eigentlich, ist auch albern und jetzt ist es meinerseits reduziert, Platz verschenkt und – gesetzt auf die Sachen selbst, bzw. nicht gerade gesetzt aber so siehts jetzt vermutlich aus, wie ich schon sagte, und man weiß gar nichts, das sagte ich auch.
Ich lag auf der trockenen Wiese vor dem ZKM, weinte etwas und las immer wieder die Fahnen, die Sammlernamen, und wußte einmal mehr wieder gar nicht, was das ALLES ALLES soll (ich weiß es schon, aber ich weiß es nicht im Zusammenhang mit mir).
Aber das ist nicht die Frage. Bzw. das ist schon die Frage, aber so kann man sie natürlich nicht beantworten.
Die grundsätzliche Frage nach der Richtigkeit des Tuns in jedem Fels bzw. Feld läßt sich leider nicht grundsätzlich beantworten, die stellt sich immer wieder neu, man muß sie immer wieder neu situationsangemessen beantworten. Darüber wird man alt und schwach und immer trauriger, es gibt wohl keine große gute Lösung, vielleicht gibt es nichtmal eine kleine Lösung. Manchmal fühlt es sich aber danach an. Alleine Irren schrieb, sie wäre letztens so weit gewesen zu sagen: Die Literatur ist es auch nicht.
DAS empfand ich fast wieder als Erleichterung. Die Literatur ist es auch nicht. Die bildende Kunst ist es auch nicht. Die Philosophie ist es auch nicht, die Welt ist es auch nicht, ich bin es auch nicht!
bzw. ich bin es schon.
Wenn man aber was reißen wollte, müßte man sich auffälliger machen. Klar.
Das ist ein Grund, warum ich keine oder wenig Namen nenne: ich will gar keine Reaktion. Keinen Journalismus, keine Debatte, da reingezogen zu werden und unterzugehen, denn leider bin ich nicht der Asi, der ich sein will, ich bin zu dumm und zu brav und würde antworten, wahrscheinlich auch noch auf Hochdeutsch, Horror, und dann wäre alles vorbei, dann könnte ich nichts mehr sehen.
Ich finde natürlich gut, wenn andere das machen, die das können.
Ich hatte überlegt ob ich da morgen hinfahre zur Eröffnung nach Karlsruhe, ich glaub ich mach das mal, aber nicht als Artist, als irgendwas anderes. Und alle 4 Reden anhören, Bürgermeister und alles.
21:45 unabsichtlich in privat verrutscht. Auch egal. Ich geh spazieren, Zitronenmelisse blüht violett. Habe die Reden vernommen, die Redner aus der Nähe betrachtet, das Publikum, die Zeitung gelesen, mit Fremden gesprochen. Kein einziger klarer Gedanke. Kann mir selbst gestohlen bleiben.
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admin Am 23. Mai 2008 um 15:55 Uhr
Die Bedingungen der Möglichkeiten sind so schwer einzuschätzen und wirken stark reglementierend, so sollte es nicht sein, gewiß, es ist aber so. Was bleibt mir denn übrig zu tun. Es war mir bedeutet worden die Angst, die ich zwar sehr, doch nicht so stark hatte, aus guten Gründen besser doch auch sehr stark zu haben, und dann hatte ich sie auch sehr stark bekommen. Ich weiß auch nicht, wirklich nicht, von wem die Hinweise kommen und was sie besagen wollen.
ich sollte getäuscht und verlacht werden in ganz großem Stile
Neben mir im Internetcafe am Zülpicher Platz ruft jemand schon das 71. Mal „Hallo?“ in sein Kopfhörermikrophon. In Karlsruhe war mit das Beste der Fronleichnamsprozession hinterherzugehen und zu folgen in die modernere Kirche St. Michael, wo alles voller Blumen lag und die Gemeinde stolz auf ihre Gemeindemitglieder, die so etwas ermöglichen. Draußen die gelb-weißen Fahnen, sieht auch immer gut aus, der Gottesdienst sehr kurz, 20 Minuten, Großer Gott wir loben dich, Lied 257, mit Bläserbegleitung, ganz toll, im Ernst, und draußen gab es Brezeln und Apfelsaft. Der Künstler interessiert sich mehr für die äußere Welt, als für die Kunst selbst, aber er tut so, als sei er gelehrig; das, vermute ich, ist ein von mir schlecht übersetztes Broodthaers-Zitat.
Aber es stimmt.
(o.T., – Organisation Todt, Illustration = Übereinstimmung von Gesagtem, Gemeintem und Gezeigtem!)