Television
Was macht man mit dem Fernsehen?, fragte ich Dr. Dan beim Sultan auf der Zülpicher Straße.
Das Fernsehen ist im Prinzip verloren, sagte er, das Fernsehen ist vorbei. Kein Fernsehen mehr. – Was ist aus den Experimentier- bzw. Bürgerfunk-Sendeplätzen geworden, die es bis vor ein paar Jahren nachts noch gab, neben den dctp-Fenstern? – Gibt´s nicht mehr. Wird vom Zuseher nicht akzeptiert, sieht keiner.
– Muß ja auch keiner sehen, muß jedenfalls nicht im GfK meßbaren Bereich liegen, soll es einfach nur geben, oder Archiv, auch gut, statt der Kerner-Wiederholungen vom gleichen Abend. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat einen Auftrag zu erfüllen, ernsthaft jetzt, die können nicht mit Einschaltquoten kommen wie die anderen. Die haben doch ihr vieles Geld vorher gekriegt. – Wird aber nicht akzeptiert vom Zuschauer dein Experimentier-Fernsehen! Wiederholt brachte der an sich kluge Dr. Dan sein doofes Argument vor.
Wo landet man, sagte ich, wenn man immer nur weiter bedient, was der Zuschauer akzeptiert, bzw. was irgendwelche halbtoten Sachwalter in Lebensstellung beim Sender für dasjenige halten, was der Zuschauer akzeptiert. Grausame Vorstellung. Der Zuschauer muß natürlich gefordert werden, der möchte doch was erfahren, was lernen. Er will und wird wachsen an den Aufgaben. Anreize schaffen, abstrakte Ziele, abstrakte Belohnungen, persönliche Entwicklung: es ist nicht egal, was aus dir wird usw. Erkennen, Verstehen, – das ist doch der schönste Lohn!
Dr. Dan schaute seitlich an mir vorbei auf die Uhr. Er hatte aufgegessen und drehte sich noch beim Kauen eine dünne Zigarette aus seinem Fair Play Tabak im Gizeh-Blättchen, setzte sie sofort in Brand und zog stark auf sich an. Beim Sultan durfte man rauchen, nicht aber trinken. Bier gab es bei ihm zu Haus und Bob Dylan Videos. Er zeigte auch die Holzkisten vor, die er sich für seine Schallplatten gebaut hatte und die hinten und vorne nicht paßten. Er könne das gar nicht mehr und hatte sich außerdem beim dauernden Bücken solche Schmerzen zugezogen, daß er sich kaum aufrichten konnte. Ich habe gelacht und ein bißchen geweint, denn wir hatten auch ernste Themen, Krankheit und Tod. Wobei ich persönlich den Tod seit ein paar Wochen gar nicht mehr fürchte, ich denke, er ist okay. Jederzeit, gern unvermittelt. Ist er okay.
Reich doch mal ein dein Konzept, sagte Dr. Dan. – Kein Konzept. Ich würde ja einfach nur draufhalten wollen, ganz normal, nahezu roh belassen. Lange Einstellungen, relativ unkommentiert, in der gebotenen Länge. Mindestens 60, besser noch 90 oder 120 Minuten bzw. Stunden. Bloß nicht so ein paar schmierige Clowns da rumspringen lassen, die dann auch noch vermitteln wollen. Der Anfang vom Ende des Fernsehens war wahrscheinlich die Erfindung des Ausbildungsberufs „Moderator“. Seitdem reißt die Kette von Ekel- und Elendsfiguren, die anscheinend wie die Orks in Mordor irgendwo unterirdisch im großen Stil gezüchtet werden, nicht mehr ab. Alles wird zugeschleimt, zugenebelt, zugekotet von grinsenden Orks die Texte von Karten ablesen.
– Jaja, sagte Dr. Dan und gähnte, aber was willst du zeigen. – Verschieden! Ich habe z.B. ganz gern die Reportagen des Franz Xaver Gernstl gesehen, das kommt meinem Ideal recht nah, wie sich die Sache aus sich selbst heraus entwickelt und forttreibt, man die Leute reden läßt. Und Gernstl überfordert ja nun wirklich keinen, ist ja harmlos, gemütlich, menschenfreundlich. Die Leute, die der besucht haben ja meistens was zu bieten (Handwerk, Sammlung o.ä.) Ich würde natürlich Leute gern aufsuchen, die nach herkömmlichen Maßstäben eher nichts zu bieten hätten.
Es erzählte ein Spezi, er sei vor kurzem 4 Tage lang ziellos durch Hessen gelaufen, ohne Telefon und alles und hätte in Gasthäusern im größeren Dorf oder Kleinstadt übernachtet und das sei so ein toller Wahnsinn gewesen, was einem da begegnet und was einem da so durch den Kopf geht. Schon sehr gut. – Das glaube ich natürlich sofort und gern, das möchte ich selbst gern machen und auch gern abgebildet sehen. Die Gedanken ach was
Es erzählte ein Spezi, er sei vor kurzem 4 Tage lang ziellos durch Hessen gelaufen, ohne Telefon und alles und hätte in Gasthäusern im größeren Dorf oder Kleinstadt übernachtet und das sei so ein toller Wahnsinn gewesen, was einem da begegnet und was einem da so durch den Kopf geht. Schon sehr gut. – Das glaube ich natürlich sofort und gern, das möchte ich selbst gern machen und auch gern abgebildet sehen. Die Gedanken ach was
and theres no exit in any direction
‚cept the one you can see with your eyes
bzw.: can’t
Am 10. November 2011 um 11:02 Uhr
colloquium